Die Timmendorfer Künstler wehren sich gegen die Vorwürfe von Kulturausschuss-Vorsitzenden Joachim Nickel und fordern seinen Rücktritt als Vorsitzender (v.l.n.r.); Discjockey und Musikmoderator René Kleinschmidt, Entertainer Peter Strothmann, Musicalsänger Andreas Wallbruch, Entertainer Jörn Langbehn („Küsten-Jörn“) und Dietrich Fritz, Vorsitzender vom Shanty-Chor Timmendorfer Strand (Foto: KG)Timmendorfer Strand - Große Empörung und Unverständnis herrscht derzeit bei den Künstlern in und um Timmendorfer Strand, nach einer getätigten Aussage von Joachim Nickel (Grüne), Vorsitzender des Ausschuss für Kultur, Bildung & Soziales in der Gemeinde Timmendorfer Strand. Jetzt fordern sie gemeinsam den Rücktritt vom Vorsitz des Ausschusses.

Der Ausschuss-Vorsitzende hat in der letzten öffentlichen Sitzung am vergangenen Donnerstag (09. Februar) unter dem Punkt “Verschiedenes” eine Liste von sämtlichen Veranstaltungen vorgetragen, die aus den “Zentralitätsmitteln” der “Kulturzeit” bezahlt worden sind. Dieser “Topf” (mit einer Gesamtsumme von rund 30.000,- Euro) steht der Timmendorfer Strand Niendorf Tourismus GmbH (TSNT GmbH) alljährlich für kulturelle Veranstaltungen zur Verfügung. Obwohl der Tagesordnungspunkt “Kulturzeit” erst in der nächsten Sitzung des Ausschusses Anfang Mai behandelt werden soll, hat Joachim Nickel das Thema unter “Verschiedenes” angesprochen und kritisiert, dass Künstler wie z.B. der Shanty Chor Timmendorfer Strand, Entertainer Peter Strothmann und Musikmoderator René Kleinschmidt von diesen bereit gestellten Mitteln engagiert und bezahlt wurden. Anwesende Gemeindevertreter teilten den von dieser Aussage betroffenen Künstlern mit, dass Nickel damit nicht einverstanden sei. Diese Veranstaltungen und diese Musiker und Künstler hätten laut Joachim Nickel nichts mit Kultur zu tun. Diese Aussage bestätigte auch ein Gemeindevertreter, der an der Sitzung teilgenommen hat, dem Internetportal TiNi24.de auf Nachfrage.

 

Diese Aussagen haben die Timmendorfer Künstler Peter Strothmann, Jörn Langbehn, Andreas Wallbruch, René Kleinschmidt und Dietrich Fritz, Vorsitzender vom Shanty-Chor Timmendorfer Strand, jetzt zum Anlass genommen, zu einem Pressegespräch einzuladen. Peter Strothmann sagte dazu gegenüber der Presse: “Irgendwann ist auch einmal genug, denn zu solchen Äußerungen ist es schon zuvor gekommen, als u.a. auch die Namen der Kollegen Langbehn und Wallbruch fielen. Grundsätzlich geht es um den Begriff Kultur! Was ist Kultur? Shantys zum Beispiel gehören mit Sicherheit zur deutschen Kultur, wird hier doch Liedgut gepflegt, dem sich der deutsche Sängerbund in seinen Satzungen verpflichtet hat. Und unser Shanty-Chor ist Mitglied dieses Bundes.” Dies bestätigte auch Dietrich Fritz als Vorsitzender des örtlichen Chores. Strothmann weiter: “Plattdeutsch z.B. ist auch deutsches Kulturgut und wird inzwischen sogar wieder an Schulen unterrichtet, damit es nicht in Vergessenheit gerät und eben auch, weil es wichtiges Kulturgut ist, das nicht verloren gehen sollte. Und viele Shantys haben plattdeutsche Texte.”

 

Um die Frage, was Kultur ist, zu beantworten, zitierte Peter Strothmann als Redensführer der anwesenden Künstler die Bedeutung von Kultur, wie sie in der  Enzyklopädie „Wikipedia” zu finden ist. Dort steht: “Kultur ist im weitesten Sinne alles, was der Mensch selbst gestaltend hervorbringt, im Unterschied zu der von ihm nicht geschaffenen und nicht veränderten Natur. Kulturleistungen sind alle formenden Umgestaltungen eines gegebenen Materials, wie in der Technik oder der Bildenden Kunst, aber auch geistige Gebilde wie etwa Recht, Moral, Religion, Wirtschaft und Wissenschaft.“

 

Peter Strothmann erklärte: „Jeder, der von Herrn Nickel namentlich genannten und hier anwesenden Künstler ist also folglich in Sachen Kultur unterwegs, denn hier wird zum Teil vorhandenes oder eigenes selbst gestaltet hervorgebracht, ob ich also nun moderiere, singe, male oder was auch immer.“

 

Dies trifft auch auf den „Tanztee mit René an der See“ zu, den Musikmoderator René Kleinschmidt 2012 bereits im vierten Jahr erfolgreich im Hotel Atlantic in Niendorf/Ostsee durchführt. „Und diese Veranstaltung wird noch nicht einmal aus den zur Verfügung gestellten Mitteln der Kulturzeit finanziert,“ weiß René Kleinschmidt und meint, dass Herr Nickel sich da wohl etwas schlecht informiert hat und vorher überlegen sollte, was er öffentlich kundgibt. „Und Tanz ist definitiv und schon lange Kultur - in allen Ländern dieser Welt.“

 

Peter Strothmann macht es etwas deutlicher: „Ich selbst fühle mich und mein Schaffen beleidigt, denn Kulturdarbietungen - wie eben von mir geschildert und die von mir und meinen anwesenden Kollegen dargeboten werden - verlangen von den darbietenden Künstlern auch Können, denn Kunst kommt von Können.“

 

Dazu zählen neben den Auftritten des Shanty-Chores und den Tanztee-Veranstaltungen von DJ René auch Musical-Darbietungen von Andreas Wallbruch sowie das maritime Musikprogramm von „Holsteiner Allerlei“, das von Peter Strothmann, Jörn Langbehn und Andreas Wallbruch gemeinsam präsentiert wird.

 

Da Joachim Nickel u.a. auch das „Tiroler Parkfest“ in Timmendorfer Strand kritisiert, berichtete Strothmann den anwesenden Pressevertretern von seinen Auftritten in Innsbruck, wo er seit Jahren beim sogenannten „Hamburger Fischvergnügen“ auftritt und seinem Publikum dort während seinen Sets mit Musik von der Waterkant auch von seiner nordischen Heimat erzählt, von der gelebten Kultur, dem Wort und Liedgut - „das nach Nickels Worten ja keine Kultur ist“. Strothmann sagte: „Wenn kein Bedarf wäre, käme die Veranstaltungsfirma mit ihrem Konzept nicht jedes Jahr zu uns. Gäste finden es gut, von anderen Kulturen und Bräuchen zu erfahren und das nehmen sie mit aus ihrem Urlaub.“ Die fünf Timmendorfer Künstler sind sich einig: „Gäste wollen im Urlaub unterhalten werden.“

 

Und Peter Strothmann ergänzt: „Da wäre es doch traurig, wenn wegen Aussagen und Meinungen eines Joachim Nickel unsere Konzerte hier im Ort ausfallen müssten, obwohl sie immer sehr gut angenommen und gerade von Urlaubern besucht werden.“

 

Die Timmendorfer Künstler sind bisher auch immer bereit gewesen bei karitativen Veranstaltungen ohne Gage aufzutreten. „Das machen wir gerne, aber man muss uns auch leben lassen,“ so der Entertainer und Teufelsgeiger. „Man kann sicher sagen, dass, was der eine oder andere Künstler macht, gefällt mir persönlich nicht, denn über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten, aber das ist auch alles. Einen Stab zu brechen über Menschen, die ehrlichen Herzens kulturell tätig sind, ist schlichtweg eine Frechheit.“ Und zum Ende seiner Ausführungen wird Peter Strothmann, der auch im Namen seiner Kollegen spricht, sehr deutlich: „Ich bin persönlich der Meinung, dass so eine Person mit diesem verwirrten Blick auf Kunst und Kultur auf keinen Fall einem Kulturausschuss vorsitzen dürfte! Herr Nickel, treten Sie zurück!“

 

Die regionalen Künstler sind geschlossen der Meinung, dass Joachim Nickel mit seinen gemachten Aussagen und Ansichten der Kultur in der Gemeinde mehr schädigt als fördert. René Kleinschmidt betont, dass es nicht nur darum geht, dass der Kulturausschuss-Vorsitzende die einheimischen Künstler beleidigt hat und ihre Arbeit nicht genügend honoriert, sondern es geht auch um den Erhalt der Veranstaltungen in der Gemeinde Timmendorfer Strand - zum Wohl und zur Unterhaltung der zahlreichen Urlaubsgäste.